Ist Nachhaltigkeit nur was für Privilegierte?
Diese Frage stellen sich viele. Ich denke, und das sind allein meine Gedanken dazu, dass das nicht so einfach zu beantworten ist.
Ich bin eine weiße Anfang-30-jährige Frau, die in Deutschland (die westliche Welt ist für die meisten CO2-Emissionen verantwortlich) lebt und aufgewachsen ist und soweit keine finanziellen Sorgen hat.
Gerade ich, weil ich privilegiert bin, habe das Bedürfnis, nun endlich etwas tun zu müssen. Ich schäme mich vor meinem ignoranten Kaufverhalten, das sich lange Zeit in meinem Leben etabliert hat.
Mir ist bewusst, dass andere Menschen nicht in der Situation sind, sich ausgiebig mit nachhaltigen Themen zu beschäftigen. Ich weiß, dass es ein Privileg ist in Deutschland zu leben, wo ich auf die Straße gehen kann, um zu demonstrieren.
Ich weiß, dass ich in anderen Ländern mit einer anderen Hautfarbe mit Angst auf die Straße gehen würde und nicht wüsste, ob ich später im Gefängnis sitze.
Ich weiß, dass ich glücklich darüber sein kann, überhaupt Straßen und Wege und Orte zu haben, auf denen ich für Gerechtigkeit einstehen kann. Denn vielen Menschen wurde durch den menschengemachten Klimawandel nach Naturkatastrophen ihr Zuhause genommen.
In anderen Ländern ist die Klimakrise schon längst Alltag wir haben Menschen in der Politik, die den Klimawandel leugnen.
Geflüchtete werden von diesen gewissen Politikern verteufelt, obwohl viele unter den Menschen Klimaflüchtlinge sind, die unsere Suppe auslöffeln müssen. Ist das gerecht?
Und die große Fluchtbewegung der Klimaflüchtinge wird erst noch kommen.
Die Klimakrise trifft die am stärksten, die am wenigsten zu ihr beitragen. Die Ärmsten dieser Welt. Sie zahlen den Preis für unser über die Stränge leben.
Menschen in armen Ländern verhalten sich ganz automatisch nachhaltiger, als wir es je könnten. Sie haben schlicht und einfach nicht die Möglichkeit so viel zu konsumieren wie wir.
Zudem haben wir in Deutschland mit unserer heißgeliebten Braunkohle eine der größten CO2-Quellen Europas verursacht.
Wenn ICH, Anne, doch nicht etwas Drastisches an meiner Lebensweise ändere, und mich für die Zukunft einsetze, wer wird es dann tun?
Ich sehe, dass ich oft alleine auf weiter Flur bin, stoße auf Unverständnis oder Menschen, die das Gefühl haben, sich vor mir verteidigen zu müssen. Ich lebe keinesfalls zu 100 % nachhaltig und ich kann noch so vieles lernen und verändern. Aber im Grunde weiß ich, dass ich mir die Zeit, die mir zur Verfügung steht, dafür nehme, so gut ich kann nachhaltig zu leben.
Ich habe keine Kinder und koche trotzdem zwei- bis dreimal täglich warm. Ich arbeite seit 2018 von zu Hause und kann sagen, dass das alles machbar ist, wenn man das auch von Herzen will. Das heißt nicht, dass andere das nicht auch von Herzen wollen, doch merke ich, dass mich ein positives Gefühl antreibt.
Ich sehe, was ich durch mein Verhalten positiv verändern kann und dadurch auch positive Auswirkungen auf mein Leben hat. Ich sehe es nicht als lästig oder anstrengend an, nachhaltig zu leben. Das ist denke ich der Schlüssel. Zu erkennen, dass ein nachhaltiges Leben schön sein kann.
Ich muss zugeben, ich bin über die Jahre zu einer vollkommen selbstverständlichen Routine übergegangen, die mir leicht fällt, solange ich mich in meinem Kosmos (Berlin) bewege.
Bei anderen zu Besuch, merke ich sehr stark, wie ich zurückgeworfen werde, in ein Leben, das nicht dem nachhaltigen Leben entspricht, wie ich es zuhause Lebe. Aber ich versuche mich davon nicht runterziehen zu lass. Und ja, auch das war anfangs schwierig. Doch aller Anfang ist schwer. Aber was ich nach einer Weile Wundervolles daraus schöpfen kann, lässt mich ein nachhaltiges Leben mit Leichtigkeit führen.
Mein Mann und ich tracken recht genau, wie viel wir im Monat für Lebensmittel ausgeben. Und ich war selbst erstaunt, dass, seit dem wir hauptsächlich unverpackt und rein pflanzliche Lebensmittel einkaufen, sogar weniger Geld ausgeben. Kartoffeln, Haferflocken, Bohnen und Gemüse kosten nicht viel. Und und das sind unsere Basics, mit denen wir kochen.
Natürlich kostet veganer Markenkäse, der in Plastik verpackt und in guter Sichtweite im Kühlregal zu finden ist, mehr Geld im Vergleich. Ich denke auch ein Kaufverhalten, das mehr auf natürliche unbehandelte Produkte basiert, ist gesünder und nachhaltiger und eben auch günstiger.
Ok, ok, Unverpackt-Läden gibt es nicht überall, aber immer mehr. Meiner ist 20 min Fußweg entfernt. Daher gehe ich einmal die Woche und kaufe große Mengen ein. Und wenn kein Unverpackt-Laden weit und breit zu finden ist, gibt es immer den Markt. Selbst Haferflocken gibt es schon immer auch in Papier verpackt (was bei weitem nicht so schlimm ist wie Plastik) und wenn es mal die Bohnen aus der Plastikverpackung sind, können die Tüten wiederverwendet werden oder zumindest in der dafür richtigen Tonne landen. Es geht einfach um ein Bewusstsein für nachhaltiges Leben.
Und wenn es um Zeit geht, die gespart wird, wenn beim Vietnamesen um die Ecke Essen bestellt wird. Das Argument zieht bei mir nicht.
Viele vegane, nachhaltige, müllfreie Rezepte sind super schnell zubereitet. Alleine Mung Pfannkuchen, und ein Gemüseeintopf dazu, ist so schnell gemacht. Gemüse schnippeln, garen, währenddessen Bohnen pürieren, ausbacken und alles ist zeitgleich fertig. Etwas mehr davon gekocht – und es reicht noch fürs Abendessen oder für den nächsten Tag.
Auch ein Porridge am Morgen geht nebenher. Über Nacht Haferflocken in dreifacher Menge Wasser eingeweicht, sind ruck-zuck fertig. Während ich Wasser aufsetzte und Matcha anrühre. Das essen wir jeden Morgen und ist schon in unserer Routine vollkommen verankert. Ich weiß einfach am Ende, dass ich frische regionale Bio-Produkte unterstützt und verspeist habe. Und setzte mich nach dem Abwasch wieder zufrieden zurück an den Schreibtisch.
Ich gebe zum Beispiel kein Geld mehr für Kleidung aus. Ich besitze genügend und teile Kleidung auch mit meiner Mama, so dass ich viel zur Verfügung habe. Ich stopfe auch mal Socken oder pflege meine Schuhe und bringe sie zum Schuster, wenn sie kaputt sind. Das alles und so viel mehr gehört zu einem nachhaltigen Leben.
Es geht darum, irgendwo zu beginnen. Egal wie privilegiert wir nun sind oder nicht, wir Alle haben unsere Möglichkeiten. Wir müssen nur eine Sache für uns entdecken, für die unser Herz brennt, und die nachhaltige Version davon wird uns leicht fallen. Und nach der ersten kommt die nächste und dann, irgendwann, wird es auch Spaß machen. Versprochen.
Das könnte dich auch interessieren
Meine 11 ayurvedischen Selbstfürsorge Tipps - Ayurveda im Alltag
Die Überschrift hätte auch "Tipps zum Besser Leben" lauten können, denn der Ayurveda schenkt uns so viele wundervolle erste Schritte, um einfach, a...
Ein realistischer und ehrlicher Einstig zu mehr Nachhaltigkeit
Wir müssen uns ganz individuell fragen, was unsere Rolle in der Klimakrise ist. Die Lösung liegt nämlich nicht alleine im ...